Rückwärts laufen ist nicht nur ein lustiger Trick, sondern fördert auch das Koordinationsvermögen. Viele Hunde haben keine gute Wahrnehmung ihrer Hinterläufe. Sie benutzen sie eher unbewusst. Durch Tricks wie das Rückwärts laufen, kann das bewusste Setzen der Hinterläufe geübt und verbessert werden. Bei fortgeschrittenem Training, kann man dem Hund beispielsweise auch beibringen rückwärts auf ein Balancekissen zu laufen usw. .
Mein Hund Grisu soll das Rückwärtslaufen aus physiotherapeutischen Gründen lernen, deshalb ist es mir wichtig, dass er gerade gerichtet rückwärts läuft und nicht seitlich ausweicht. Um das von Anfang an zu fördern, lege ich zwei Windstopper rechts und links unseres Trainingsbereiches. Das begrenzt optisch die Fläche und macht es dem Hund deutlich einfacher sich gerade zu halten. Da ich das Rückwärtslaufen ohne Bedrängen aufbauen möchte, habe ich mich für einen langen Schuhlöffel als Markierung entschieden hinter die er treten soll. Du kannst aber auch jeden anderen dünnen Stab, ein kurzes Stück Seil dafür wählen, solange es kontrastreich zum Untergrund ist und der Hund es gut unterscheiden kann. Stöcke eignen sich bei meinen Hunden übrigens nicht, da sie sehr zum Reinbeißen verleiten. Bei deinem Hund kann es aber vielleicht auch mit einem dünnen Stock klappen.
All dies sind Hilfsmittel, um die Übung von Anfang an möglichst fehlerfrei und korrekt aufzubauen. Zeigt dein Hund kein seitliches Ausweichen, kannst du die Türstopper auch weglassen.
Bitte übe mit deinem Hund immer nur wenige Minuten. Ich stelle mir meist einen Timer und versuche darauf zu achten nicht länger als 2 min am Stück zu üben, dann gibt es immer eine kleine Pause oder ich übe zu einer anderen Tageszeit weiter.
Bei den Videos handelt es sich um Trainingsaufzeichnungen nicht um Lehrvideos. Fehler sind dazu da, dass wir daraus lernen daher habe ich die Videos bewusst nicht nochmal nachgedreht. Nutze meine Fehler, um aus ihnen zu lernen. Ich weise dich unter dem Video auf die Verbesserungsmöglichkeiten hin.
Und jetzt gehts los!
Schritt 1: Verhalten stimulieren
- Leckerli zwischen die Vorderpfoten des Hundes hinter die Markierung (schwarzer Schuhlöffel) legen.
- Es ist noch nicht wichtig welches Verhalten Grisu genau zeigt, ob er sitzt, steht, rückwärts geht etc. ist irrelevant. Es geht im ersten Schritt erstmal nur um die Idee: hinter der Markierung wartet etwas Leckeres auf dich.
- Nach einigen Wiederholungen warte ich kurz ab, um zu überprüfen, ob die Idee schon etwas gefruchtet hat.
- Tatsächlich zeigt Grisu die ersten Rückwärtsbewegung, die ich mit dem Markersignal einfange und das Leckerli wieder hinter der Markierung anbiete. Optimal wäre es, wenn das Leckerli zwischen den Hundepfoten landet, um die Position zu verstärken. Wie du siehst gelingt mir das nicht immer.
Tips und Tricks:
Mache Videos von eurem Training, um dein Timing und die Haltung deines Hundes zu überprüfen. Gerade die Hinterläufe sehen wir von vorne meist nicht gut und mit Hilfe des Videos fallen dir vielleicht Dinge auf, die wichtig für dein Training sind.
Schritt 2: Verhalten formen
In Grisus Kopf ist die Idee gewachsen, dass es sich lohnt sich hinter die Markierung zu bewegen. Bislang verstärke ich jede Rückwärtstendenz. Setzen ist auch eine Rückwärtstendenz! Im zweiten Schritt geht es nun darum das Rückwärtslaufen einzufangen. Mit dem Marker im richtigen Moment des Rückwärtslaufens gebe ich dem Hund den Hinweis: Genau diese Bewegung möchte ich mehr sehen.
Mir passiert es in diesem Video, dass ich auch immer wieder das Hinsetzen einfange, markiere und belohne. Mit besserem Timing hätte ich direkt dann markiert, wenn er wirklich im Rückwärtslaufen ist, also in der Millisekunde kurz bevor er sich hinsetzt. Lerne aus meinem Fehler und achte hier auf dein Timing. Du kannst natürlich auch mit einem Clicker arbeiten.
- Jede Rückwärtstendenz hinter die Markierung wird markiert und belohnt.
- Das Verhalten "Rückwärts laufen" wird Schritt für Schritt geformt, indem du auf dein Timing achtest und dann klickst, wenn dein Hund tatsächlich rückwärts geht. Ist das zu Anfangs nur ein halber Schritt, ist das völlig ok.
- Wenn du mal zu langsam bist und dein Hund sich setzt: Kein Problem. Achte beim nächsten Versuch noch besser auf dein Timing. Würdest du deinen Hund hier nicht belohnen, würde das schnell Frust auslösen und zu einem erhöhten Erregungsniveau führen, viele Hunde werden dann sehr zappelig und das ganze Training wird immer schwieriger.
Tips und Tricks:
- Mein Hund schnappt nach meiner Hand und nach dem Leckerli:
Du kannst bei solchen Hunden ein einfaches Markersignal aufbauen, also ein Signal, das deinem Hund ankündigt: Gleich landet das Leckerli genau vor dir auf dem Boden. Die Hunde haben dann eine sehr genaue Vorstellung was nach dem Markersignal passiert. Der Aufbau ist ganz einfach. Dein Hund befindet sich in deiner Nähe, du sagst dein Wort zB "Drop" und legst das Leckerli vor ihm auf den Boden. Nach einigen Wiederholungen erwartet dein Hund das Leckerli vor sich.
- Mein Hund wird ganz aufgeregt und/oder bietet mir andere Übungen an: Das spricht dafür, dass dein Hund noch nicht richtig verstanden hat, worum es in der Übung genau geht. Beginne nochmal bei Schritt 1 und wähle eine sehr hohe Belohnungsrate. Achte darauf, dass deine Leckerlis nicht zu hochwertig sind. Dein Hund sollte sie gerne fressen aber nicht zu aufgeregt dabei sein. Würde ich beispielsweise versuchen diesen Trick mit Leberwurst aufzubauen, könnte sich Grisu vor lauter Leberwurst-Vorfreude nicht mehr auf die Übung konzentrieren. Das würde dem Aufbau schaden.
Schritt 3: Dauer verlängern
Bislang habe ich herausgearbeitet, dass Grisu sich rückwärts hinter die Markierung bewegt. Nun möchte ich herausarbeiten, dass er das nicht nur einen halben oder einen ganzen Schritt tut, sondern mehrere Schritte hintereinander setzt. Dafür verschiebe ich langsam die Markierung nach hinten oder bewege mich selbst ein Stück zurück.
Was kann ich hier besser machen:
- in der Millisekunde markieren bevor er sich setzt.
- die Anforderungen nicht schon erhöhen obwohl die Übung noch garnicht 100% so ist wie ich sie möchte (beide Vorderbeine hinter der Markierung).
- markieren, wenn er beide Füße hinter der Markierung hat und nicht nur eines.
Schritt 4: Signal einführen
Viele führen das Signal schon ganz zu Beginn der Übung ein. Das vermeide ich und führe das Signal erst dann ein, wenn ich sicher bin, dass der Hund weiß, was er tun soll. Dadurch ermögliche ich es dem Hund das neue Signal gleich mit dem richtigen Verhalten zu verknüpfen, so dass Verhalten und Signal möglichst immer zusammengehören und es keine Nullrunden (Signal -> kein Verhalten) und keine Fehlverknüpfungen (Signal -> falsches Verhalten gibt. Das ist für das Gehirn viel einfacher als das Signal zigmal wahrzunehmen ohne zu wissen was darauf folgen soll und ein nicht erwünschtes Verhalten zu zeigen.
Wie du siehst, habe ich den Abstand zwischen mir und der Markierung wieder kleiner gemacht. Das hat den Sinn und Zweck, dass die Übung auf jeden Fall gelingt, wenn ich das Signal gebe. Ich mache es dem Hund also erstmal leichter, übe das Signal ein und dann kann ich mich an unseren alten Wissenstand von mehreren Schritten rückwärts wieder annähern.
Schritt 5: Hilfsmittel abbauen
Wenn es dir wichtig ist, dass du das Rückwärtslaufen nicht nur in diesem Trainingssetting auslösen kannst, dann musst du nun die Hilfsmittel Schritt für Schritt abbauen und den Ort der Übung wechseln. In meinem Fall würde ich erst die seitlichen Begrenzungen nach und nach wegnehmen, dann die Markierung immer etwas weiter seitlich wegziehen und von diesem Teppich nun auf den zweiten Teppich im Wohnzimmer wechseln, dann würde ich die Übung im Garten machen. Da ich vielleicht das Signal auch nicht nur im Sitzen auslösen will, würde ich auch meine Körperhaltung verändern, indem ich beispielsweise stehe. In einem weiteren Schritt kann ich während des Spaziergangs auf einer ruhigen Wiese mit den Ablenkung üben oder auf einem ruhigen Parkplatz.
Entscheidend ist, dass immer nur ein Element der Übung schwerer gemacht wird. Entweder ich verändere meine Körperhaltung oder ich verändere den Ort des Trainings, nicht beides gleichzeitig.
Zusammenfassung:
Schritt 1
- Verhalten stimulieren: Mit dem Leckerli vermittelst du deinem Hund die Idee hinter die Markierung zu treten.
Schritt 2
- Verhalten formen: Du beginnst mit einem Schritt, vielleicht auch mit einem halben und formst darauf die gezielte Rückwärtsbewegung hinter die Markierung
Schritt 3 - Dauer der Übung verlängern: Indem du die Markierung weiter nach hinten verschiebst.
Schritt 4 - Signal einführen: Sobald dein Hund die Übung gut verstanden hat, kannst du das Signal (verbal oder Geste) kurz bevor er beginnt rückwärts zu laufen geben.
Schritt 5 - Hilfsmittel abbauen und Orte verändern: Du entfernst nach und nach Stück die Hilfsmittel aus der Übung bis sie auch ohne seitliche Begrenzung und Markierung klappt. Du veränderst immer nur ein Element der Übung. Du übst von leicht nach schwer an verschiedenen Orten z.B. Wohnzimmer -> Flur -> Garten -> ruhiger Parkplatz -> ruhige Wiese und veränderst deine eigenen Körperhaltung dabei von Sitzen nach Stehen etc.