So lernt mein Tier
Diese Artikelreihe wird einen kurzen Einblick geben für alle die Lust darauf haben zu verstehen wie ihre Tiere lernen und wie sie Lernerlebnisse gut gestalten können. Es ist und wird nie ein erschöpfendes wissenschaftliches Gesamtwerk mit allen Details sein.
Wer lernt wie? Lernen Jungtiere anders als heranwachsene Tiere im „Teeniealter“ und erwachsene Tiere? Können alte Tiere überhaupt noch irgendwas lernen? Antworten auf diese und ähnliche Fragen werdet ihr in den kommenden Blogartikeln erhalten.
Teil 2: Wie lernen Senioren?
Während Jungtiere sich am Anfang der Hirnreife befinden und verschiedene Prozesse, die das Gehirn ausreifen lassen noch nicht abgeschlossen sind, was sie besonders empfänglich für bestimmte Lernerfahrungen macht, hat das Gehirn eines Seniors oder älteren Tieres schon viele Eindrücke in seinem Leben gesammelt. (Dies gilt natürlich nur eingeschränkt für Tiere, die ihr gesamtes Leben in sehr reizarmer Umgebung verbracht haben, wie Tiere aus Animal hoarding Fällen oder von Vermehrern.) Das Tier kann somit auf einen reichen Erfahrungsschatz von "hab ich schonmal gesehen, ist nicht viel passiert" zurückgreifen. Das führt dazu, dass selbst wenn man diese Tiere Situationen aussetzt, die sie noch nicht gut kennen, ihr Gehirn ihnen dennoch mit größerer Wahrscheinlichkeit das Signal zurücksendet "keine Gefahr, das kriegen wir hin". Diesem Umstand verdanken viele ältere Tiere ihre Gelassenheit (natürlich gibt es wie überall in der Biologie auch Ausnahmen). Lebenserfahrung und das Erlebt-haben von vielen verschiedenen Situationen mit positivem Ausgang, führt auch dazu, dass ältere Tiere, wenn sie etwas neues lernen eben auf diese Erfahrungen zurück greifen. Sie lösen Probleme auf die Art und Weise wie sie es gewohnt sind. Neue Strategien zu erlernen erfordert möglicherweise etwas mehr Zeit und Geduld und ein genaues Einsetzen der Lerngesetze. Wenn das gegeben ist, können Senioren noch ebensoviel neues erlernen wie junge Tiere.
Wie ist das jetzt mit dem umlernen?
Es gibt dort draußen ja leider nicht nur ältere Tiere, die ihr Leben in Sicherheit verbracht haben. Es gibt auch solche, die viele schlechte Erfahrungen machen mussten. Erstaunlicherweise sind sie, obgleich sie viel schlechtes oftmals vom Menschen erfahren haben immer wieder in der Lage neu zu vertrauen. Ich war immer besonders berührt, wenn ein Hund, der wirklich viel mist erlebt hat, sich neu öffnet und wieder bereit ist neuen schönen Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Menschen eine Chance zu geben. Das zeigt die große Anpassungsfähigkeit des Gehirns ist und wie groß seine Plastizität. Lange nahm man an, dass ein Gehirn einmal ausgebildet für immer so bleibt. Diese Theorie hat sich als falsch erwiesen. Es gibt auch im Gehirn die Möglichkeit, dass sich die vorhandenen Zellen "neu verschalten". Sie bilden neue Datenautobahnen, die Synapsen, die Informationen von einer Zelle zur nächsten weiterleiten. So lernen Schlaganfallpatienten bei denen viele Gehirnzellen geschädigt sind wieder neu laufen oder sprechen, obwohl ihr Gehirn schon älteren Datums ist. Als neuen erstaunlichen Fund hat man auch im Gehirn Stammzellen gefunden, also Zellen, die sich in neue Gehirnzellen entwickeln können.
Wer jahrelang seinen Körper benutzt hat, der leidet zwangsläufig unter Abnutzungserscheinungen. Es kann nicht mehr so schnell gelaufen werden, der Rücken schmerzt oder die Muskeln werden weniger. So wie Muskulatur auch besser erhalten bleibt, wenn wir sie regelmäßig benutzen (weshalb auch Senioren noch ihre individuell angepassten Spaziergänge kriegen sollten). Genauso verhält es sich auch mit dem Gehirn. Wer seinem Senior etwas gutes tun will, der bietet ihm Schnüffel- und Denkspiele an. Das sorgt für Zufriedenheit auch wenn es körperlich vielleicht nicht mehr so schnell und weit geht. Ich habe es im übrigen bislang noch nie erlebt, dass ein Senior seine Nasenleistung eingebüßt hat. Bei Hunden scheint das Gehör mit etwas 12 Jahren abzubauen (eigene Beobachtung), aber der Riechsinn blieb bis zum Schluss erhalten und kann für solche Beschäftigungsaufgaben prima genutzt werden. Auch bei anderen Tieren wie Katzen, Pferden oder Häschen kann man sich individuell anschauen was das Tier noch gut kann und das fürs Gehirnjogging nutzen.