Zum Einstieg in dieses Thema möchte ich gerne mit dir einmal eine Szene durchspielen. Du wirst sie vielleicht so oder so ähnlich schon einmal erlebt haben.
Du bist mit deinem Hund unterwegs und du bittest einen anderen Hundehalter etwas zu tun, beispielsweise seinen Hund anzuleinen. Er ignoriert deine Bitte, stattdessen hat er dir viele Dinge zu sagen. Dinge über deinen Hund, Dinge über dich, vielleicht auch Dinge über die Situation. Du möchtest eigentlich garnicht zuhören, denn wie oft am Tag musst du dieses Gespräch führen. Du möchtest einfach nur, dass der Mensch seine Leine in die Hand nimmt, seinen Hund anleint und weitergeht. Du denkst dir: Das kann doch nicht so schwer sein. Aber der macht das einfach nicht und dann sagt er auch noch Dinge, die so garnicht wahr sind. In dir macht es irgendwo klick und du bist plötzlich wütend, dein Tonfall ändert sich und du spürst wie die negativen Emotionen in dir hochkochen. Was danach passiert: Ob wir laut werden oder es in uns reinfressen, ist erstmal nicht so wichtig. Wichtig ist sich folgendes zu fragen:
Warum fällt die Reaktion auf etwas, das ein fremder Mensch sagt, der dich gerade mal 30 Sekunden kennt, so stark aus? Warum kann dich das Gesagte überhaupt so treffen, dass es diese Emotionen in dir auslöst?
Ich finde das eine super spannende Frage, die ich mir bedauerlicherweise ganz oft erst im nach hinein und nicht in der Situation selbst stellen kann (weil meine Emotionen mir den Zugang zu diesem rationalen Teil meines Gehirns versperren). Mit etwas Abstand betrachtet, ist es doch eigentlich so, dass ein Fremder oder ganz allgemein eine andere Person keine neuen Gefühle erzeugen kann. Vielmehr wird etwas getriggert, das eigentlich schon da ist. Das Gefühl ist in mir und derjenige drückt von außen quasi nur den Knopf und puff, ich explodiere in negativen Emotionen.
Um das einmal genauer zu betrachten ein Beispiel aus meinem Alltag, das noch garnicht so lange zurückliegt:
Seit Monaten rackere ich mich ab Wege und Lösungen dafür zu finden, dass es meinem Hund, der mit seinen Erlebnissen an Silvester allgemein sehr ängstlich und geräuschempfindlich geworden ist, wieder besser geht. Ich hadere darüber wie ich so lange jetzt schon an dem Problem arbeite und sich keine wirkliche Besserung einstellt, dann sagt mein Partner in einem Nebensatz zu mir, dass ich bislang offenbar etwas falsch gemacht habe. Und ich explodiere. Ich bin extrem wütend auf meinen Partner, dass er das so sagt, ich bin unendlich traurig auf diese Niederlage so hingewiesen zu werden. Die negativen Emotionen sind da, sie übermannen mich und machen mich blind für die Gründe, die ihn diesen Satz wirklich haben sagen lassen.
Mit etwas Abstand, kann ich mir folgende Fragen stellen: Warum ist meine Reaktion so massiv ausgefallen? Warum konnte mich dieser Nebensatz überhaupt treffen? Hmmm... kurz nachdenken. Erstmal fühle ich mich schlecht, dass ich so überhaupt reagiert habe, aber stopp, genau darum geht es nicht. Abstand einnehmen und behalten, warum habe ich also so reagiert? Meine erste These: Wahrscheinlich weil Gedanken wie „ich tue nicht genug“, „ich tue nicht das Richtige“, „ich gebe mir nicht genug Mühe“, „ich gebe nicht genug, um ihm zu helfen“, „ich bin einfach nicht gut genug um ihm helfen zu können“ immer noch ein Teil von mir sind. Dieser Nebensatz hat genau in dieses Wespennest aus unbewussten Glaubenssätzen reingepiekst und mein Gehirn ist voll drauf angesprungen.
Und genauso ist das früher auf meinen Spaziergängen auch abgelaufen. Wenn Sätze anderer Hundehalter wie „ich hätte meinen Hund wohl nicht im Griff“, „so könne das ja nie was werden“, „ich will meinen Hund wohl von allem abschirmen“ mich treffen konnten, dann standen dahinter Glaubenssätze wie „ich bin nicht gut genug“, „ich mach das hier nicht gut genug“, „ich mach das nicht richtig“, „ich schaff das nie“. Das Problem ist also nicht, dass die anderen mit ihren Aussagen in diesen Wespennestern herumstochern. Das Problem ist vielmehr, dass diese Wespennester überhaupt da sind, ansonsten gäbe es da nichts zu stochern.
Klar, wäre ein Ansatz nun zu sagen: Naja, die Menschen sollten einfach besser miteinander umgehen und solche Vorwürfe garnicht erst formulieren. Es wäre wirklich wirklich schön, wenn es eines Tages so kommen würde aber wahrscheinlicher ist, dass das erstmal ein Wunschtraum bleiben wird.
Lösung 2: Ich ändere etwas an mir selbst
Statt dem anderen zu überlassen wie ich mich fühle und ihm diese Macht über mich und mein Gefühlsleben zu geben, wäre es da nicht sinnvoller sich einmal genauer damit zu beschäftigen was ich eigentlich über mich glaube und auf welcher Grundlage ich das tue?
Ich bin sicher, wäre ich innerlich auf festen Füßen gestanden mit dem Glauben, dass ich alles mir mögliche tue, um meinem Hund zu helfen und ihn in seiner Angst zu unterstützen, dann hätte ich diesen Nebensatz als genau das annehmen können was er war: Ein Nebensatz, den mein Partner fallen gelassen hat, weil er mir sagen wollte, dass wir weiter nach Lösungen suchen müssen anstatt uns zu beklagen, dass nichts funktioniert.
Für die Spaziergänge gilt ähnliches: Wenn ich wirklich weiß warum ich mit meinem Hund so umgehe, dann brauchen mich solche Aussagen "ich hätte meinen Hund nicht im Griff" nicht mehr anzuheben, denn ich weiß: Darum geht es garnicht. Glaubenssätze wie "ich krieg das nicht hin", "der kann das besser als ich" haben garkeine Chance, denn ich weiß wie es geht und ich weiß auch dass mein Hund und ich Zeit brauchen um zu lernen.
Das Ausheben solcher Wespennester, also schädlichen Glaubenssätzen, hängt bei mir sehr stark mit meiner inneren Überzeugung und damit mit meinem eigenen Wissen zusammen. Wissen gibt mir Sicherheit und wenn irgendwo Zweifel in mir geweckt werden, dann mache ich mich meistens auf die Suche nach gezielten Informationen, um zu sehen, ob mein Gefühl irgendeine Grundlage hat oder ich mir hier einfach nur ungute Dinge selbst einrede.
Hurt people hurt people
Und als letzten Punkt: Bei den allermeisten Menschen, die so rücksichtslos mit anderen umgehen, hat das Gesagte mehr mit ihnen zu tun als mit dir. Schließlich kann dieser Mensch nach 30 Sekunden, die er dich und deinen Hund jetzt kennt unmöglich eine begründete Meinung zu deinem Umgang mit deinem Hund haben. Und selbst wenn Menschen glauben, dich und deinen Hund zu kennen: ausformulierte Zweifel sind häufig Ausdruck eigener Ängste, die nicht wirklich etwas mit dir zu tun haben. Du musst diese Ängste für dich nicht übernehmen. Du kennst deinen Weg und du weißt warum du ihn gewählt hast.
Du gehst freundlich mit deinem Hund um, weil sich das richtig anfühlt und weil du weißt, dass es richtig ist. Vertraue deinem Gefühl und nicht den Zweifeln anderer. Wenn du bemerkst, dass dich die ausgesprochnen Zweifel ebenso bewegen, dann frage dich nochmal ausdrücklich: Was in mir selbst lässt mich diesen Zweifel spüren? Weiß ich vielleicht noch nicht genug? Gibt es etwas, das ich mir nochmal näher anschauen möchte, um mehr darüber zu erfahren? In jedem Fall: Gehe erst in dich, anstatt das was andere über dich und deinen Umgang mit deinen Hund sagen ungefiltert zu übernehmen. Nur du bestimmst über deine Handlungen und Entscheidungen!
Wenn dich Dinge, die von außen an dich heran getragen werden treffen, dann mache dir bewusst, dass du die Worte und Taten von anderen nicht ändern kannst. Beginne stattdessen damit in deinem Inneren danach zu forschen, warum dich diese Aussage so getroffen hat, warum du dir etwas zu Herzen nimmst und welche versteckten Glaubenssätze möglicherweise hinter den negativen Emotionen stehen.
Fokussiere dich auf dich selbst und nehme das Szepter wieder selbst in die Hand. Du löst diese Konflikte für dich langfristig, weil du dir darüber bewusst wirst, warum dir das gerade so zu schaffen macht. Die bewusste Wahrnehmung macht den Weg für Bewältigungsstrategien und Veränderungen frei.
Denke auch daran, dass das Gesagte wahrscheinlich weniger mit dir als mit der Person selbst zu tun hat. Kommst du zu diesem Schluss, dann lass die Erinnerung an die Situation wirklich los. Sobald du merkst, du denkst doch wieder darüber nach, lass diese Gedanken ganz aktiv weiterziehen und konzentriere dich z.B. auf deinen Atmen und einen anderen Gedanken, den du dir ganz bewusst einlädst.
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